News

„Über die Grenze" erreicht Frastanz

26.06.2025 | Ein neuer symbolischer Grenzstein bei der Göfner Brücke in Frastanz ist Teil einer Ergänzung des Hör-Radweges „Über die Grenze“, der Fluchtgeschichten aufzeigt.

Tausende Flüchtlinge versuchten zwischen März 1938 und Mai 1945 über Vorarlberg die rettende Schweiz zu erreichen: Verfolgte Jüdinnen und Juden, politische Gegner der Nazis, Deserteure, Kriegsgefangene, Zwangs- und Fremdarbeiter aus besetzten Ländern Europas. Bereits im Sommer 1938 begann die Schweiz die Grenzen abzuriegeln. Fluchthelferinnen und Fluchthelfer auf beiden Seiten der Grenze konnten manchen noch ein Entkommen ermöglichen, aber es gab nun nur noch illegale Wege in die Freiheit. 

Im Sommer 2022 eröffnete das Jüdische Museum Hohenems den Hör-Radweg „Über die Grenze“, um an diese Flüchtlingsschicksale zu erinnern. 52 Fluchtgeschichten aus der Zeit zwischen 1938 und 1945 sind seither auf Deutsch und Englisch entlang der längsten Route im Vorarlberger Radwegenetz abrufbar. 

2025 wird das Projekt nun Stück für Stück um 13 weitere Hörstationen ergänzt - und beginnt bereits in Lindau. So bildet die Geschichte von Ruth Guggenheimer einen neuen chronologischen wie auch geographischen Auftakt. Im November 1933 gelang ihr noch per Schiff die Flucht über den Bodensee in die Schweiz. Neben dem ihr gewidmeten „Grenzstein“ zwischen Bahnhof und Hafen weist nun auch eine Informationstafel auf die gesamte Radroute hin. Von der bayrischen Grenzstadt entlang des Seeufers geht es nun durch Bregenz nach Hard und Fußach, wo bald ebenfalls neue Geschichten zu hören sind. Neue spannende Fluchtgeschichten wurden recherchiert, auch solche, die sich weiter südlich ereigneten. Etwa im Walgau, wo am Radweg zwischen Feldkirch und Bludenz die bestehende Lücke mit den Standorten Frastanz, Nenzing und Nüziders geschlossen werden konnte. Dort scheiterte etwa im Februar 1941 der Fluchtversuch des Dornbirner Deserteurs August Weiß, der in Amerlügen gefasst wurde.

Deserteur in Amerlügen gefasst
August Weiß wuchs in Dornbirn auf und wurde am 10. Februar 1941 zur Wehrmacht eingezogen. Der 19-Jährige desertierte aber bald darauf und versuchte schließlich via Frastanz nach Liechtenstein zu flüchten. Nach der Festnahme in Amerlügen wurde er vor dem Kriegsgericht in Salzburg zu sechs Jahren Zuchthaus verurteilt. Er überlebte sowohl das Strafgefangenenlager Aschendorfermoor als auch die letzten beiden Kriegsjahre, die er als Teil eines Bewährungsbataillons an der Front verbrachte. Nach über einjähriger Kriegsgefangenschaft kehrte er nach Vorarlberg zurück und gründete eine Familie. Ab den späten 1980er Jahren trat er als Zeitzeuge in Erscheinung, gab Interviews und besuchte Schulklassen. 

Die Geschichte von August Weiß ist eine der Fluchtgeschichten, die der Hör-Radweg „Über die Grenze“ in vier Ländern aufzeigt. Die Hörstationen sind über QR-Codes abrufbar, die Geschichten können aber auch von zu Hause aus unter www.ueber-die-grenze.at angehört werden. Ein begleitendes Buch mit allen Geschichten ist seit 2023 verfügbar.